Schluckstörungen – in der Medizin Dysphagie genannt – kommen im Alter und vor allem bei Erkrankungen wie Parkinson oder nach einem Schlaganfall häufig vor. Etwa fünf Millionen Menschen sind in Deutschland betroffen. Beim Schlucken rutscht Essen oder Trinken nicht zuverlässig in die Speiseröhre. Teile der Lebensmittel können zum Beispiel in die Luftröhre geraten, Husten auslösen und im schlimmsten Fall eine Lungenentzündung verursachen.
Wer früh handelt, kann dadurch oft einem Mangel an Nahrung und Flüssigkeit vorbeugen. Die wichtigste Frage lautet: Wie kann man Betroffenen im Alltag helfen?
Was ist Dysphagie?
Schlucken – darüber machen sich die meisten keine Gedanken. Erst, wenn es nicht so gut klappt, fällt auf, wie komplex der Schluck-Vorgang ist. Jeden Tag schluckt eine erwachsene Person bis zu 2000 Mal. Mehr als 25 Muskelpaare sind am Schlucken beteiligt. Dabei laufen fünf Schritte ab: Erst bereitet man sich auf die Nahrungsaufnahme vor, setzt sich z. B. aufrecht hin. Im zweiten Schritt führt man die Nahrung zu, also beispielsweise über einen Löffel. Jetzt beginnen die entscheidenden Schritte drei bis fünf in Mund, Rachen und Speiseröhre. Wenn einer dieser Schritte nicht klappt, bleibt zum Beispiel Essen im Mund, der Schluckreflex startet zu spät, Flüssigkeit oder Speisen gelangen in die Atemwege.
Typische Anzeichen einer Schluckstörung sind häufiges Verschlucken, Husten oder eine nasse, gurgelnde Stimme nach dem Schlucken. Ohne entsprechende Maßnahmen können Lungenentzündungen, Gewichtsverlust, Mangelernährung und eine Unterversorgung mit Flüssigkeit drohen.
Ärztinnen und Ärzte sowie die Logopädie klären ab, welche Ursachen hinter der Störung stecken und welche Art der Nahrungsaufnahme sicher geht. Es kann sinnvoll sein, die Umgebung, die Körperhaltung, Konsistenzen der Mahlzeiten und Abläufe beim Essen anzupassen.
Woran lässt sich Dysphagie erkennen?
Eine Dysphagie ist nicht immer offensichtlich, gerade das macht sie gefährlich für Betroffene. Mehrere Signale können aber darauf hinweisen: Husten oder Räuspern beim Essen, sehr langes Kauen, winzige Bissen, Essen sammelt sich in den Wangen, Flüssigkeit läuft aus dem Mundwinkel. Manche Menschen wirken ängstlich beim Essen, vermeiden Mahlzeiten. Häufige Atemwegsinfekte können auch ein Hinweis sein.
Ein kleines Notizbuch hilft: Was wurde gegessen oder getrunken, in welcher Form, was passierte danach? Diese Beobachtungen erleichtern die Behandlung und Ärztinnen und Ärzte können den Schweregrad der Schluckstörung besser diagnostizieren.
Ursachen einer Schluckstörung
Häufig ist ein Schlaganfall der Grund für eine Dysphagie: Eine von vier Personen hat nach einem Schlaganfall auf Dauer eine Schluckstörung. Auch Parkinson, Multiple Sklerose, Demenz oder Muskelerkrankungen können zur Entstehung von Schluckstörungen beitragen. Nach Operationen oder Bestrahlungen im Kopf Hals Bereich kann Narbengewebe stören.
Im Alter nehmen Muskelkraft und Gefühl im Mund-Rachen-Raum manchmal ab. Schlechtsitzende Prothesen oder Zahnprobleme erschweren das Kauen. Manche Medikamente trocknen den Mund aus. In einigen Fällen steckt ein Problem der Speiseröhre hinter der Schluckstörung, etwa bei Entzündungen, starkem Sodbrennen oder einer Bewegungsstörung. Eine genaue ärztliche und logopädische Abklärung ist immer der Startpunkt für entsprechende Maßnahmen.
Welche Folgen drohen ohne Hilfe?
Wer sich oft verschluckt, kann Essen oder Flüssigkeit in die Lunge bekommen, eine sogenannte Aspiration. Das erhöht das Risiko für Lungenentzündungen. Weitere mögliche Warnzeichen: Das Gewicht fällt, die Haut heilt schlechter, Betroffene müssen seltener Wasserlassen. Viele ziehen sich zurück, weil Essen Angst macht oder es unangenehm ist, vor anderen die Probleme beim Schlucken zu offenbaren.
Pflege bei Dysphagie: Was hilft im Alltag?
Eine sichere Haltung macht den Anfang. Aufrecht sitzen, beide Füße auf dem Boden, Becken und Rücken stabil – so arbeitet die Schluckmuskulatur meist effizient. Ebenso wichtig: eine ruhige Umgebung ohne Hektik, das unterstützt die Konzentration. Nach dem Essen am besten eine gute halbe Stunde aufrecht bleiben, damit nichts zurückfließt.
Je nach Schwere muss auf die richtige Konsistenz der Nahrung geachtet werden. Getränke lassen sich mit Pulver andicken – von „nektarartig“ bis „löffelfest“. Speisen können weichgekocht, passiert oder püriert werden. Dabei sollte man, wenn es nötig ist, nicht zurückschrecken und sich trauen, auch Mahlzeiten aus festen Komponenten zu pürieren.
Gemischte Konsistenzen wie Suppe mit Stückchen, krümelige oder faserige Speisen sind tückisch. Helfen können auch: kleine Löffel, kleine Bissen und kurze Pausen. Temperatur und Geschmack dürfen variieren: kalt, warm, süß, salzig oder etwas sauer – alles ist möglich. Vor jedem neuen Bissen prüfen: Ist der Mund leer? Bei Resten gegebenenfalls nochmal schlucken. Mehrere kleine Mahlzeiten sind günstiger als wenige große.
Mundpflege ist wichtig: Zähne – falls nichts dagegen spricht- zwei bis dreimal täglich putzen, Prothesen reinigen und den Sitz prüfen. So sinkt die Keimzahl im Mund und das Risiko, beim Verschlucken Keime in die Lunge zu bekommen – die wiederum eine Lungenentzündung begünstigen. Nach ärztlicher Rücksprache können bei trockener Mundschleimhaut einfache Maßnahmen wie etwa zuckerfreie Lutschpastillen oder Speichelersatzsprays helfen.
Trinken bleibt wichtig. Lieblingsgetränke gegebenenfalls andicken. Wer in Listen Essen, Trinken und Gewicht dokumentiert, erkennt früh, wenn etwas kippt. Das ermöglicht, rechtzeitig gegenzusteuern: zum Beispiel mit energiereichen, weichen Speisen, Smoothies in sicherer Konsistenz oder ergänzender Beratung durch Ernährungsexpertinnen und experten.
Und Achtung: Tabletten bitte nicht ohne Rücksprache zerkleinern. Retard- oder magensaftresistente Formen verlieren Wirkung oder führen zu Nebenwirkungen. Ärztinnen und Ärzte oder Apotheken wissen, was möglich ist und welche Alternativen es gegebenenfalls gibt.
Essen im Alltag gestalten
Ein fester Rhythmus mit kleinen, überschaubaren Mahlzeiten nimmt den Druck aus dem Essensprozess. Lieblingsgerichte lassen sich oft neu denken – als weiche, passierte oder pürierte Variante. Hilfsmittel wie rutschfeste Unterlagen, Becher mit Ausguss und gut geformte Löffel erleichtern eventuell den Umgang. Hier sollte man vorher aber Rücksprache mit dem Behandlungsteam halten. Reicht im Extremfall die Nahrungsaufnahme über den Mund nicht aus, prüfen Ärztinnen und Ärzte und Logopädie, ob vorübergehend eine Ernährung über Sonde nötig ist. Ziel bleibt: so viel Essen und Trinken über den Mund wie möglich – so sicher wie nötig.
Essen bei Schluckstörungen (Dysphagie)
Warnzeichen bei Schluckstörungen – sofort handeln
Akute Atemnot, anhaltender starker Husten, blau gefärbte Lippen, hohes Fieber oder ein plötzlicher Leistungsabfall sind Alarmzeichen. Dann umgehend ärztlich abklären lassen und bei schweren Beschwerden den Rettungsdienst rufen. Wiederkehrende Lungenentzündungen, schneller Gewichtsverlust oder wenn Betroffene deutlich weniger trinken, gehören ebenfalls rasch abgeklärt.
Pflege bei Schluckstörungen – ein Fazit
Pflegemaßnahmen bei Schluckstörungen wirken am besten in Kombination: ruhige Esssituation, sichere Sitzhaltung, passende Konsistenzen, sorgfältige Mundpflege und klare Abläufe. Regelmäßig beobachten: Ändert sich das Ess- oder Trinkverhalten? Treten neue Symptome auf? Dann nicht zögern und in die ärztliche Praxis gehen. Hausarztpraxis, Logopädie und Ernährungsberatung helfen, Komplikationen wie Lungenentzündung, Mangelernährung und Austrocknung zu verhindern. So bleibt Essen trotz Dysphagie möglich und würdevoll.
Dysphagie ist der medizinische Fachbegriff für Schluckstörungen. Dabei gelangt Nahrung oder Flüssigkeit nicht zuverlässig in die Speiseröhre – stattdessen kann sie in die Luftröhre geraten, was gefährlich ist.
Ursachen sind oft neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson oder Multiple Sklerose. Auch Demenz, Muskelschwäche, schlecht sitzende Prothesen oder Mundtrockenheit durch Medikamente können eine Rolle spielen.
Typische Anzeichen sind häufiges Husten oder Räuspern beim Essen, sehr langes Kauen, winzige Bissen, Flüssigkeit läuft aus dem Mund, oder die Stimme klingt nach dem Schlucken „gurgelnd“. Auch Angst beim Essen oder wiederkehrende Atemwegsinfekte können Hinweise sein.
Ohne Unterstützung kann es zu Aspirationen (Eindringen von Nahrung in die Lunge), Lungenentzündungen, Gewichtsverlust, Mangelernährung und Dehydrierung kommen. Außerdem vermeiden viele Betroffene das Essen aus Angst vor dem Verschlucken, was die Situation weiter verschlechtern kann.
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Aufrechte Sitzposition beim Essen (Füße auf dem Boden, ruhige Umgebung)
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Angepasste Nahrungskonsistenz: weich, püriert oder angedickt
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Kleine Bissen, Pausen zwischen den Happen
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Nach dem Essen etwa 30 Minuten aufrecht bleiben
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Regelmäßige Mundpflege, um Keime zu reduzieren
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Flüssigkeiten bei Bedarf andicken
Tabletten dürfen nicht eigenmächtig zerkleinert werden – Retard- oder magensaftresistente Formen können dadurch ihre Wirkung verlieren oder Nebenwirkungen verursachen. Ärztinnen, Ärzte oder Apotheker beraten, welche Alternativen sicher sind.
Bei akuter Atemnot, starkem Husten, blauen Lippen, Fieber, plötzlichem Leistungsabfall, wiederkehrenden Lungenentzündungen oder starkem Gewichtsverlust ist sofort ärztliche Abklärung nötig – im Notfall den Rettungsdienst rufen.
Dziewas R., Pflug C. et al., Neurogene Dysphagie, S1-Leitlinie, 2020, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 23.09.2025). https://dnvp9c1uo2095.cloudfront.net/cms-content/030-111l_Neurogene-Dysphagie_2020-05_verlaengert_1706187793210.pdf
Deutscher Bundesverband für Logopädie (dbl): Schluckstörung (Dysphagie). https://www.dbl-ev.de/fachwissen-logopaedie/schluckstoerung-dysphagie/
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Essen und Trinken bei Kau- und Schluckstörungen im Alter. https://www.fitimalter-dge.de/fileadmin/user_upload/medien/Essen_und_Trinken_bei_Kau_und_Schluckstoerung_im_Alter.pdf
https://www.pflege.de/krankheiten/dysphagie-schluckstoerung/
https://www.dysphagiezentrum.de/dysphagie-was-ist-das/phasen-des-schluckvorgangs/