Essen bei Schluckstörungen (Dysphagie)

21.11.2025

8 Minuten Lesedauer

Pflegekraft unterstützt älteren Mann beim Essen im Pflegeheim, barrierefreies Essen bei Schluckstörungen

Eine Schluckstörung – medizinisch Dysphagie – verändert den Ess- und Trinkalltag stark. Essen soll satt und zufrieden machen, darf aber nicht in die Atemwege geraten. Der richtige Umgang mit Konsistenzen, Gewürzen, Temperaturen und der Umgebung hilft, Mahlzeiten ruhiger und sicherer zu gestalten. Von der Lebensmittelauswahl über Andicken bis zu individuellen Besonderheiten, etwa nach einem Schlaganfall oder bei Demenz – so gelingt Essen mit einer Schluckstörung.

Worauf kommt es beim Essen bei Schluckstörungen an?

Ziel ist: Betroffene einer Schluckstörung sollen Nahrung im Mund gut verarbeiten. Der Schluckreflex soll zuverlässig einsetzen und Speisen sollen in die Speiseröhre gleiten. Viele Patientinnen und Patienten profitieren von weichen, homogenen Konsistenzen, die sich leicht schlucken lassen. Flüssigkeiten benötigen oft eine angepasste Dicke, damit sie nicht in die Luftröhre geraten. Struktur, klare Abläufe und eine ruhige Umgebung unterstützen zusätzlich. Ein interdisziplinäres Team aus Hausarztpraxis, Logopädie, Ernährungstherapie und Pflegepersonal legt fest, was jeder und jede Betroffene am besten verzehren kann.

Grundregeln beim Essen bei Schluckstörungen

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Die Sicherheit beim Essen geht vor. Was nicht bedeutet, dass der Geschmack darunter leiden sollte. Im Gegenteil: Geschmack motiviert Betroffene einer Schluckstörung, ausreichend Nährstoffe aufzunehmen, die wiederum leistungsfähig halten. Weich gegarte, fein zerkleinerte oder pürierte Speisen sind gut geeignet, wenn sie formbar, glatt und keine krümeligen oder faserigen Bestandteile enthalten. Wichtig: Pro Bissen immer nur eine Konsistenz anbieten. Heißt, entweder glatt und püriert oder weich und stückig – Mischformen wie Suppe mit Gemüse- oder Fleischstückchen sind riskant.

Die Getränke werden mit Andickungspulver auf die verordnete Stufe gebracht, zum Beispiel „nektarartig“, „honigartig“ oder „löffelfest“. Ansonsten setzten Temperatur und Aroma gezielte Reize: leicht kühl, angenehm warm, ein Hauch Zitrone oder eine Prise Salz. Kleine Bissen, kleine Schlucke, kurze Pausen und ein leerer Mund vor dem nächsten Happen erhöhen die Sicherheit.

Pflege bei Schluckstörung (Dysphagie)

Eine Pflegerin füttert eine Seniorin mit Schluckstörungen (Dysphagie) im Pflegeheim

Welche Lebensmittel eignen sich?

Geeignet sind meist Gerichte, die sich zu einem homogenen, glatten Brei verarbeiten lassen oder von Natur aus weich sind. Dazu zählen fein pürierte Eintöpfe und Gemüsesuppen ohne Stücke, cremiger Kartoffel oder Süßkartoffelstampf, weich gekochte Nudeln mit fein passierter Sauce, zart gegarter Fisch oder Geflügel, die anschließend fein zerkleinert und mit Sauce gebunden werden. Genauso liefern Joghurt, Quarkcremes, Pudding, Grießbrei oder Kompott (püriert) Energie und sind schnell zubereitet. Obst und Gemüse kommen am besten geschält, weich gegart und fein passiert auf den Teller. Fett ist ein Geschmacksträger und macht Breie geschmeidiger: etwas Pflanzenöl, Butterflocken, Sahne oder Frischkäse verbessern Konsistenz und Kaloriendichte.

Weniger geeignet sind trockene, krümelige oder faserige Speisen wie trockenes Brot, Blattsalate, Rohkost, Reiskörner, körniger Frischkäse, Nüsse und Samen, zähes Fleisch, Apfel- oder Ananasstücke. Doppelkonsistenzen – zum Beispiel Cornflakes in Milch, Obststücke im Joghurt, Suppen mit Einlage – erhöhen das Risiko, sich zu verschlucken.

Richtig Andicken

Pudding_Schluckstörungen_Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay

Andickungspulver etwa auf Basis von Stärke oder Xanthan machen die Getränke zähflüssiger. Xanthan ist widerstandsfähiger gegen bestimmte Stoffe im Speichel, die dazu führen, dass Lebensmittel, die mit Pulvern nur aus Stärke angedickt sind, bereits im Mund wieder dünnflüssiger werden. Die genaue Dicke richtet sich nach der Empfehlung der Logopädie. Kalte und warme Getränke verhalten sich unterschiedlich, auch Säure und Eiweiß (z. B. Milch) verändern die Dicke. Für den Alltag hilft eine kleine Tabelle: wie viele Messlöffel führen in welchem Getränk zu welcher Dicke. Wichtig: Dicke Getränke nicht mit normalem Wasser nachspülen.

Mangelernährung vorbeugen

Wer langsam isst oder schneller satt wird, braucht Mahlzeiten mit einer hohen Energiedichte. Sie lässt sich steigern, ohne das Volumen stark zu erhöhen: Etwa mit Pflanzenölen, Butter, Sahne, Nussmusen (in pürierter Form), Frischkäse oder Maltodextrin. Eiweißquellen wie Joghurt, Quark, Skyr, weiches Rührei, fein zerkleinerter Fisch oder Geflügel sowie pürierte Hülsenfrüchte (Linsencreme, Hummus) sind wichtig für Muskeln und Immunsystem. Süße Varianten – Grießbrei, Pudding, Quarkspeisen – eignen sich als Zwischenmahlzeiten. Bei starkem Gewichtsverlust oder Appetitmangel kommen ergänzende Trinknahrungen in individuell sicherer Dicke infrage. Auswahl und Konsistenz sollten ärztlich bzw. über die Ernährungstherapie abgestimmt werden.

Essen nach Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall kann das Schlucken ebenfalls problematisch oder unkoordiniert sein. Eine sichere Sitzposition, kleine Bissen und klar strukturierte Mahlzeiten sind dann sehr wichtig. Speisen sollten formstabil, glatt und gut gleitfähig sein. Flüssigkeiten werden auf die verordnete Stufe angedickt. Je nach logopädischer Empfehlung helfen Haltungsstrategien wie eine leichte Vorneigung des Kopfes. Jede Mahlzeit bedeutet Anstrengung. Da empfiehlt es sich oft, mehrere kleine Mahlzeiten zu servieren. Medikamente sollte man nicht eigenmächtig zerkleinern, sondern immer vorher absprechen, was möglich ist. Ärztinnen und Ärzte oder Apotheken können je nach Arznei auch flüssige Alternativen oder Schmelztabletten verschreiben. Beim Essen sollte man Hustenereignisse, Essmengen und Gewicht dokumentieren, um zu sehen, ob die Ernährungsform passt.

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Essen bei Demenz

Bei Demenz wirken Routinen: Feste Esszeiten, vertraute Düfte und wiederkehrende Lieblingsspeisen beruhigen. Fingerfood kann sinnvoll sein, wenn das Besteck Probleme macht – aber nur, wenn sich Fingerfood sicher weich und homogen herstellen lässt. Zum Beispiel pürierte Kost, die zu formstabilen „Häppchen“ verarbeitet wird. Klare Teller, wenig Ablenkung und kurze, ruhige Hinweise erleichtern die Mahlzeit. Die Getränke sollte man in sicherer Dicke bereitstellen in einem Becher mit gut greifbarem Henkel. Bei Unruhe sind kleine Portionen, häufigere Pausen und eine ruhige Begleitung besonders wichtig.

 

Kleine Mahlzeiten & Pausen

Die Ess-Situation entscheidet mit. Der oder die Betroffene sollte aufrecht sitzen und die Füße möglichst stabil im Boden verankern. Der Tisch sollte eine angepasste Höhe haben und das Geschirr ist rutschfest. Vor Beginn kurz erinnern: kleine Bissen, langsam essen, bewusst schlucken. Zwischen den Happen kurze Pausen machen und prüfen, ob der Mund schon leer ist. Nach dem Essen im Idealfall 20–30 Minuten aufrecht bleiben. Wer schnell ermüdet, profitiert von 5–6 kleineren Mahlzeiten statt drei großen. Und die Essbiografie nutzen: vertraute Aromen, Kindheitsdüfte, -gerichte und Lieblingsgewürze steigern den Appetit.

Typische Ess-Fallen – und bessere Lösungen

Problem: Suppe mit Einlage – Stücke schwimmen in dünner Flüssigkeit.
Besser: die ganze Suppe passieren und bei Bedarf andicken.

Problem: Brot mit Rinde – trocken und krümelig.
Besser: weiches Brot ohne Rinde in Sauce tauchen oder fein pürieren.

Problem: Obststücke im Joghurt – doppelte Konsistenz.
Besser: Obst und Joghurt gemeinsam fein pürieren.

Problem: Mit Wasser nachspülen.
Besser: jeden Schluck, jeden Bissen vollständig schlucken, dann erst den nächsten.

 

Sicher essen bei Dysphagie – ein Fazit

Sicher essen bei Dysphagie gelingt, wenn Textur, Geschmack und Ablauf zusammenpassen. Weiche, homogene Speisen, korrekt angedickte Getränke, kleine Bissen und eine ruhige Umgebung senken das Risiko fürs Verschlucken. Energie- und eiweißreiche Mahlzeiten helfen gegebenenfalls, Mangelernährung vorzubeugen. Besondere Situationen – nach Schlaganfall oder bei Demenz – erfordern zusätzliche Struktur und einfache, wiederholbare Schritte. So bleiben Genuss, Sicherheit und ausreichende Versorgung im Gleichgewicht.

Häufige Fragen zum Thema Schluckstörungen (Dysphagie)

1. Was sind typische Symptome einer Schluckstörung (Dysphagie)?

Zu den häufigsten Symptomen zählen deutliche Verzögerungen beim Schluckvorgang, Husten oder Würgen beim Essen und das Zurückbleiben von Nahrungsresten im Mund. Auch eine veränderte Stimme nach dem Schlucken und häufige Atemwegsinfektionen können darauf hindeuten.

2. Worauf sollte man beim Essen mit Schluckstörung besonders achten?

Eine aufrechte Sitzposition, kleine Bissen, gezielte Pausen zwischen den Happen und das richtige Andicken von Getränken sind entscheidend für mehr Sicherheit. Das Essen sollte frei von groben, krümeligen oder faserigen Zutaten sein und möglichst homogen verarbeitet werden.

3. Welche Lebensmittel eignen sich besonders bei Dysphagie?

Geeignet sind weiche, fein pürierte Speisen wie Kartoffel- oder Gemüsebrei, pürierte Eintöpfe, weich gekochte Nudeln, Joghurt, Quark und Pudding. Fett wie Butter oder Öl sorgt für eine geschmeidige Konsistenz und mehr Energie.

4. Wie kann Mangelernährung bei Schluckstörungen vermieden werden?

Der Energiegehalt kann durch die Zugabe von Sahne, Pflanzenölen, Butter oder Frischkäse erhöht werden. Auch angedickte Trinknahrungen oder proteinreiche Breie wie Joghurt, Skyr oder Hummus sind hilfreich.

5. Was sind typische Ess-Fallen bei Schluckstörungen und wie kann man sie vermeiden?

Fallen wie Suppen mit Einlage, krümeliges Brot oder doppelte Konsistenzen (Obststücke im Joghurt) erhöhen das Risiko fürs Verschlucken. Besser ist es, alle Bestandteile homogen und glatt zu pürieren und für jeden Bissen nur eine Konsistenz anzubieten.

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Zuletzt Aktualisiert am: 21.11.2025

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