„Ein Leuchtturm-Projekt“

13. Mai 2018

Für Menschen, die pflegebedürftig sind und zudem an einer chronischen psychischen Erkrankung leiden, gibt es so genannte Comorbiditäts-Programme.

„So sieht das Ganze in der Theorie aus“, sagt Christian Küpper und klappt den Ordner auf dem Schreibtisch in seinem Büro im Haus Altkönig vorsichtig auf. Auf dem entfalteten Architekten-Plan sind diverse Ansichten eines hübschen dreigeschossigen Gebäudes zu sehen, das vor kurzem in einigen hundert Metern Entfernung Luftlinie gebaut wurde.

Auf rund 1800 Quadratmetern leben 36 Bewohner in 3 Wohngruppen. Lange Gänge sind passé, die Aufteilung und Gestaltung der Räume ist zusammenhängend und vermittelt einen familiären Charakter. „So sieht es das Raumkonzept des Rahmenkonzepts vor“, sagt Küpper, „der Ursulahof ist ein Leuchtturm bei der Umsetzung.“

Der Hintergrund: Das besondere an Comorbiditäts (Como)-Projekten ist, dass die Themen Eingliederungshilfe (nach SGB 12) und Pflege zusammenkommen. 2009 hatte das Land Hessen Küpper angesprochen und gefragt, ob er interessiert sei, ein solches am Standort Oberursel umzusetzen. Küpper, der das Haus Altkönig bereits seit 2004 leitete, brachte als Fachreferent Behindertenhilfe die entsprechende Qualifikation und jede Menge Erfahrung mit. Und war interessiert.

Heute zählen zum Wohnverbund ein Wohnheim mit 4 dezentral gelegenen Außenwohnungen, 3 Außenwohngruppen, ein angeschlossenes vollstationäres Pflegeheim nach dem Como-Konzept sowie Betreutes Wohnen und eine eigene Werkstatt in der Oberurseler Krebsmühle.
Auch in Hirschhorn, am Bettinahof in Frankfurt und in Immenhausen wurde das Como-Prinzip umgesetzt. Nun folgte mit dem Ursulahof ein zweites Projekt am Standort Oberursel. Die Eröffnung war Mitte April.

In der neuen Einrichtung werden Menschen mit Pflegegrad 3 und höher sowie einer chronischen psychischen Erkrankung bzw. seelischen Behinderung betreut – unabhängig vom Alter. Früher war dieser Personenkreis, wenn in der Eingliederungshilfe pflegerisch nicht versorgt werden konnte, in der Seniorenpflege untergebracht. „Damit waren die Einrichtungen einerseits überfordert und die Bewohner schlicht falsch aufgehoben“, sagt Küpper. Das Como-Konzept integriert diese Anforderungen, für Küpper „eine leistungsrechtliche Revolution“.

Entsprechend bedarfsgerecht ist die Betreuung der Bewohner des Ursulahofs. Aus der Eingliederungshilfe stehen über 5 zusätzliche Fachkräfte zur Verfügung, im Einzelnen könnten dies Sozialpädagogen, Ergotherapeuten, Heilerziehungspfleger, Erzieher und Heilpädagogen sein. Dazu kommen etwa 15 Stellen für die Pflege, Fachkräfte und Pflegehelfer plus zwei Alltagsbegleiter. Mitarbeiter für die Verwaltung, Haustechniker und Pflegedienstleitung runden das personelle Bild ab.

Auf eine differenzierte und breit gefächerte Tagesgestaltung wird bei Como besonders großen Wert gelegt. Zudem wird personenzentriert gearbeitet. Das kann schon mal bedeuten, dass eine Mitarbeiterin mit einem Bewohner nach Hamburg fährt, damit dieser nochmal seinen Vater besuchen kann.

Die Grundstruktur in den modernen Como-Einrichtungen sieht so aus: Im Erdgeschoss befinden sich die Verwaltung und der Tages- bzw. Speisesaal. Darüber liegen auf drei Etagen Wohn-, Gestaltungs- und Aufenthaltsräume, die flexibel handhabbar, also zu trennen oder zu verbinden sind. Es gibt ausschließlich Einzelzimmer, zwei davon sind je Etage als Partnerzimmer mit gemeinsamem Vorraum ausgestaltet.

In puncto Nachfrage steht das Projekt Ursulahof top da. Er ist bereits zu mehr als zwei Dritteln ausgebucht. Denn 24 Bewohner aus dem Bettinahof zogen nach Oberursel. Für die restlichen Plätze gibt es schon Anfragen.

Seit einem Jahr ist das Team Küpper mit Recruiting von Personal beschäftigt, aber es werden noch Fachkräfte gesucht. Das Startteam steht, da auch ein Teil der Mitarbeiter aus dem Frankfurter Bettinahof künftig in Oberursel arbeiten wird – was für die Bewohner auch ein Stück Vertrautheit und Kontinuität darstellt. Die Leitung des Hauses hat Brigitte Süßner übernommen, die bereits Küppers Mitarbeiterin im Haus Altkönig war.

In Sachen Comorbidität geht es bei Korian rasant weiter: Den Häusern in Immenhausen und Oberursel folgen die Eröffnungen weiterer sechs Einrichtungen: In Idstein, Bad Hersfeld, Wolfhagen (bei Kassel), Rodgau & Langen sowie im nordhessischen Neu-Eichenberg.
Christian Küpper ist im Übrigen davon überzeugt, dass das Como-Konzept nicht mehr lange auf Hessen beschränkt bleiben wird. „Meiner Ansicht nach sind die Voraussetzungen gegeben, Como auch bundesweit umzusetzen.“

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