Pflegegrad 1 – Voraussetzungen, Leistungen und Tipps

09.01.2024

9 Minuten Lesedauer

Pflegegrad 1 – Voraussetzungen, Leistungen und Tipps

Die Pflegebedürftigkeit eines Menschen kann plötzlich oder schleichend eintreten. Oft sind es gerade die Anfangsstadien, in denen gezielte Unterstützung entscheidend ist. Pflegegrad 1 markiert den Einstieg in die Pflegeversorgung und bietet trotz geringem Pflegebedarf wertvolle Hilfen für Betroffene und ihre Angehörigen. In diesem Artikel erfahren Sie, was Pflegegrad 1 bedeutet, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, welche Leistungen Ihnen zustehen und wie Sie am besten mit dieser Situation umgehen können.

21 zu 9_V4_Pflegegrad_1_2000x844

Pflegegrad 1: Definition

Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe im deutschen Pflegesystem und beschreibt die „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“ von Pflegebedürftigen. Er richtet sich an Menschen mit geringem oder keinem Pflegebedarf, bei denen jedoch eine Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten im Alltag festgestellt wurde. Das betrifft beispielsweise Menschen mit geringen körperlichen Beeinträchtigungen aufgrund von Wirbelsäulen- oder Gelenkerkrankungen. Pflegegrad 1 dient als Einstiegsstufe in die Pflegeversorgung und zielt darauf ab, frühzeitig Unterstützung zu bieten, um die Lebensqualität zu steigern und eine Verschlimmerung der Situation zu verhindern.

  1. Mobilität: Schwierigkeiten beim Gehen, Stehen oder Fortbewegen
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der Orientierung oder der Kommunikation
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Auffälliges Verhalten, emotionale Belastungen oder psychische Erkrankungen
  4. Selbstversorgung: Probleme bei der Körperpflege, beim An- und Ausziehen oder bei der Nahrungsaufnahme
  5. Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen: Schwierigkeiten bei der Medikamenteneinnahme oder bei der Umsetzung von Therapieanweisungen.
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Schwierigkeiten bei der Organisation des Alltags oder der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte

Ein Fallbeispiel für das Kriterium Mobilität: Nach einem Bandscheibenvorfall kann sich Jürgen M., 59, nicht mehr gut bewegen, vor allem Sitzen fällt ihm schwer. Der Positionswechsel im Bett kriegt er noch gut hin (selbstständig = 0 Punkte), aber Umsetzen und Halten einer stabilen Sitzposition sind schon schwieriger (beides überwiegend unselbstständig = 2 x 2 Punkte). Für jede Tätigkeit, die in der Pflegebegutachtung relevant ist, vergeben die Gutachter:innen Punkte und addieren diese.

Pflegegrad 1: Leistungen und Geld

Menschen mit Pflegegrad 1 können ihren Alltag in der Regel noch sehr selbstständig meistern. Deshalb haben sie keinen Anspruch auf Pflegegeld bei der Pflege durch Angehörige oder auf Pflegesachleistungen bei der Versorgung durch einen professionellen ambulanten Pflegedienst. Dennoch stehen den Betroffenen einige Leistungen zu, um sie im Alltag zu entlasten und ihre Selbstständigkeit zu fördern. Menschen mit anerkanntem Pflegegrad 1 erhalten außerdem kostenlose Beratungstermine; Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen haben Anspruch auf kostenlose Pflegekurse.

Die Geldleistungen bei Pflegegrad 1 im Überblick

Leistungsart

 

Leistung und Häufigkeit
Pflegegeld
Pflegesachleistungen
Tages- und Nachtpflege
Kurzzeitpflege
Verhinderungspflege
Vollstationäre Pflege
Betreuungs- und Entlastungsleistungen 125 Euro / Monat
zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel bis zu 40 Euro / Monat
Hausnotruf 25,50 Euro / Monat
Wohnraumanpassung 4.000 Euro / Gesamtmaßnahme
Wohngruppenzuschuss 214 Euro / Monat

Pflegegrad 1: Tipps für den Umgang

  • Frühzeitige Beantragung: Auch bei geringem Pflegebedarf ist es wichtig, frühzeitig eine Einstufung in den Pflegegrad zu beantragen, also beispielsweise sobald sich erste Beeinträchtigungen zeigen. So erhalten Sie bei Bedarf rechtzeitig Unterstützung. Was Sie für die Antragsstellung wissen müssen, erfahren Sie auf unserer Übersicht zu Pflegegraden.
  • Einbeziehung von Angehörigen: Pflegegrad 1 betrifft oft nicht nur die pflegebedürftige Person, sondern auch indirekt deren Angehörige und andere nahestehende Personen – weil diese oft helfen müssen, um die pflegebedürftige Person im Alltag zu unterstützen. Sprechen Sie offen über die Situation und planen Sie gemeinsam, wie Sie die Betreuung am besten organisieren möchten und wer welche Aufgaben übernehmen kann.
  • Beibehaltung von Routinen: Die Aufrechterhaltung von gewohnten Abläufen im Alltag kann Sicherheit schaffen. Falls Routinen bislang fehlten, helfen strukturierte Tagesabläufe beim Übergang in die Pflegeversorgung.
  • Nutzung von Hilfsmitteln: Praktische Hilfsmittel und Technologien können den Alltag erheblich erleichtern und die Selbstständigkeit fördern – zum Beispiel rutschfeste Unterlagen, Haltegriffe im Badezimmer oder digitale Kommunikationshilfen und Apps.
  • Soziale Kontakte pflegen: Freundschaften, Hobbies und der Austausch mit anderen sind jetzt besonders wichtig. Das fördert nicht nur die geistige und emotionale Gesundheit, sondern kann auch das Gefühl von Isolation verringern und die Lebensqualität steigern.
  • Aktive Planung für die Zukunft: Pflegegrad 1 ist oft nur eine Momentaufnahme und der Pflegebedarf kann sich im Laufe der Zeit ändern. Deshalb lohnt es sich, vorausschauend zu planen und in regelmäßigem Austausch mit den betreuenden Ärzt:innen, Pflegediensten und Pflegekasse zu bleiben.

Pflegegrad 1 – ein Fazit

Pflegegrad 1 mag zwar die niedrigste Einstufung im Pflegesystem sein, jedoch bietet er dennoch wertvolle Unterstützung für Menschen mit leichtem Pflegebedarf. Die angebotenen Leistungen können Betroffenen und Angehörigen ihre Situation erleichtern. Wichtig ist, frühzeitig Unterstützung zu beantragen, sich aktiv mit den bestehenden Möglichkeiten auseinanderzusetzen und offen mit allen Beteiligten zu kommunizieren.

Häufig gestellte Fragen zu Pflegegrad 1

Was bedeutet Pflegerad 1?

Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe im deutschen Pflegesystem und beschreibt die „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“ von Pflegebedürftigen (12,5 bis unter 27 Punkte).

Wann bekommt man Pflegegrad 1?

Pflegegrad 1 bekommt, wer bei der Pflegebegutachtung auf Grundlage des sogenannten Neuen Begutachtungsassessments (NBA) zwischen 12,5 und unter 27 Punkte erhält. Der Pflegegrad 1 bestätigt eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“.

Welche Leistungen stehen mir bei Pflegegrad 1 zu?

Versicherte mit anerkanntem Pflegegrad 1 erhalten von der Pflegekasse folgende Leistungen:

  • Entlastungsbetrag: 125 Euro pro Monat für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen
  • Hausnotruf: einmalig 10,49 Euro für die Installation sowie monatlich 25,50 Euro für den Betrieb
  • Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: bis zu 40 Euro pro Monat
  • Wohnraumanpassung: bis zu 4.000 Euro einmalig für jede Gesamtmaßnahme, um Barrieren in Wohnung oder Haus zu reduzieren, z. B. Installation eines Treppenlifts oder Badumbau
  • Wohngruppenförderung: einmalig 2.500 bis 10.000 Euro Gründungszuschuss (für max. 4 Personen pro Senioren-WG) sowie monatlich 214 Euro Organisationszuschuss
Wie viel Geld bekommt man bei Pflegegrad 1?

Versicherte mit anerkanntem Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf Geldleistungen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Zuschüsse zur Verhinderungs-, Kurzzeit-, Tages- oder Nachtpflege und auch nicht zur vollstationären Pflege. Sie erhalten aber 125 Euro pro Monat für die Erstattung von Betreuungs- und Entlastungsleistungen sowie Zuschüsse zum Hausnotruf, Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, zur Wohnraumanpassung und Wohngruppenförderung.

Erhält man mit Pflegegrad 1 Kurzzeitpflege?

Nein. Mit Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf Kurzzeitpflege.

nach oben scrollen


Zuletzt Aktualisiert am: 12.07.2024

Korian - Clariane