Ein geliebter Mensch, ein Elternteil oder gar der eigene Lebenspartner oder die eigene Lebenspartnerin ist gestorben – wie geht man damit um? Weinen, schreien, sich zurückziehen, verstummen oder sich in Ablenkung stürzen? Die möglichen Ausdrucksformen von Trauer sind zahlreich. Vielfältig sind auch die Möglichkeiten, wie Trauernde Unterstützung und Hilfe finden können.
Trauern heißt Abschiednehmen
Um einen Verstorbenen zu trauern, bedeutet Abschied zu nehmen und irgendwann zurück in das eigene Leben zu finden. Das braucht seine Zeit. Den Prozess des Trauerns gestaltet jeder und jede individuell, es gibt so viele Arten zu trauern, wie es Menschen gibt. Verstärkt an den Verstorbenen zu denken, mit ihm oder ihr innerlich oder auch laut zu sprechen – das können Wege sein, zu trauern. Trauer kann sich auch körperlich äußern, etwa in Form von Schlaf-, Antriebslosigkeit oder Konzentrationsstörungen.
Wichtig ist, Trauergefühle nicht zu verdrängen. Denn das kann zu körperlichen oder seelischen Erkrankungen führen. Außerdem: Gefühle der Freude würden wir ja auch nicht unterdrücken, warum also Trauer.
Phasen der Trauerbewältigung
Auch wenn jeder Mensch auf seine eigene Art trauert, lassen sich doch wiederkehrende Muster erkennen. Die Schweizer Psychoanalytikerin Verena Kast teilt dafür die Trauer in vier Phasen ein:
- Nicht-Wahrhaben-Wollen
Häufig am Anfang des Trauerprozesses stehen Trauernde unter Schock, fühlen sich hilflos und wollen den Tod des geliebten Menschen nicht wahrhaben. - Aufbrechende Emotionen
Es kommt zu Gefühlsausbrüchen wie Wut, Schmerz, Zorn, manchmal auch Schuldgefühlen. - Suchen und Sich-Trennen
Es folgt eine Auseinandersetzung mit dem Verstorbenen und dessen Tod. Trauernde erinnern sich, führen Zwiegespräche, suchen Orte auf, die für sie und den verstorbenen Menschen bedeutsam waren. - Neuer Selbst- und Weltbezug
Trauernde beginnen den Tod des geliebten Menschen zu akzeptieren und ihren inneren Frieden zu finden. Sie fangen an, Pläne für ihr weiteres Leben zu entwickeln.
Diese Phasen laufen nicht zwangsläufig in der genannten Reihenfolge ab und können sich auch überschneiden. Weil sich Trauer bei jeder und jedem Betroffenen ganz individuell zeigt, rücken einige Expertinnen und Experten mittlerweile von dem Phasenmodell ab. Dennoch kann es sicherlich helfen, eigene Empfindungen oder die anderer zu verstehen.
Duales Prozessmodell der Trauer
In Abgrenzung zum Phasenmodell wurde das duale Prozessmodell entwickelt. Es geht davon aus, dass sich die Gefühle trauernder Menschen fortwährend zwischen zwei Polen der Trauerbewältigung bewegen:
- Verlustorientierte Bewältigung
Trauernde versuchen, den Verlust zu verarbeiten. Ihre Gefühlswelten sind von Schmerz und Auseinandersetzung bestimmt. - Wiederherstellungsorientierte Bewältigung
Trauernde finden in ihr Leben zurück, befassen sich mit ihrer neuen Realität. Die Gefühle sind Erholung und Ablenkung.
Der Wechsel zwischen diesen beiden Polen kann sicher sehr gut als eine Erklärung für die „Achterbahn der Gefühle“ dienen, von der viele Trauernde sprechen.
Hilfe bei der Trauerbewältigung
Was hilft Trauernden, mit ihren Empfindungen umzugehen? Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Welche davon Betroffenen Unterstützung bietet, ist sehr individuell:
- Mit nahestehenden Menschen über ihre Gefühle sprechen
Es kann Überwindung kosten, da in unserer Gesellschaft nicht gerne über den Tod gesprochen wird – doch das Gespräch kann sehr wohltuend sein. - Sich an schöne Momente mit dem verstorbenen Menschen erinnern
Gerade, wenn der Verstorbene zuletzt körperlich gezeichnet war oder vielleicht wesensverändert aufgrund einer Demenz, kann es tröstlich sein, sich an schöne, gegebenenfalls länger zurückliegende gemeinsame Zeiten zu erinnern. - Sich ablenken, sich neue Aufgaben suchen
- Bewegung, Sport, Entspannung
Wenn Trauern krank macht
So wie die Ausdrucksformen der Trauer, kann auch die Dauer individuell sehr verschieden sein. Wenn Trauernde nach Wochen und Monaten noch nicht das Gefühl haben, in den Alltag zurückfinden zu können, sollten sie sich möglicherweise Hilfe holen.
Eine einfache, niederschwellige Unterstützung bietet zum Beispiel die Telefonseelsorge . In allen schwierigen Lebenslagen können sich Menschen an die Telefonseelsorge wenden – auch im Trauerfall. Und anders als der Name suggeriert, sind die Betreuer auch per Chat, Email oder persönlich zu erreichen. Den Kontakt zu Trauer- und Selbsthilfegruppen vermittelt der Malteser Hilfsdienst. Der Austausch mit Menschen, die unter ähnlichen Belastungen leiden, kann sehr wohltuend sein.
Einige Betroffene entwickeln eine sogenannte anhaltende Trauerstörung. Dabei handelt es sich um ein eigenes Krankheitsbild, bei dem Trauernde in der Verarbeitung ihres Verlustes über einen langen Zeitraum steckenbleiben und nicht mehr in den Alltag zurückfinden. Wer das Gefühl hat, daran zu leiden, sollte das unbedingt ärztlich abklären lassen und sich gegebenenfalls psychotherapeutische Hilfe suchen.
Trauernde unterstützen
Wer nicht selbst von einem Todesfall betroffen ist, aber Trauernde in seinem Umfeld hat, kann gezielt helfen. Dazu sollte man verständnisvoll auf Trauernde zugehen und ihnen zuhören. Gerne kann man konkrete Vorschläge für gemeinsame Aktivitäten machen. Das müssen keine großen Unternehmungen sein, manchmal ist ein gemeinsamer Spaziergang genau das, was der oder die Trauernde braucht. In jedem Fall aber sollte man es respektieren, wenn Betroffene die Angebote nicht annehmen, sich zurückziehen und sie keinesfalls unter Druck setzen.
FAQs zur Trauerbewältigung
Bei jedem Trauernden individuell. Betroffene weinen, ziehen sich zurück, erinnern sich intensiv oder sprechen laut mit dem Verstorbenen. Trauer kann auch körperliche Ausdrucksformen wie Schlaflosigkeit oder Konzentrationsschwächen annehmen.
Auch das ist bei jedem Trauernden individuell. Es gibt Versuche, den Verlauf der Trauer modellhaft abzubilden, etwa mit dem 4-Phasenmodell oder dem dualen Prozessmodell. Das sind in der Regel nur Annäherungen an die wirklichen Verläufe, die jedoch eine Hilfestellung bieten können, um die Gefühle der Trauernden besser zu verstehen.
Zunächst im persönlichen Umfeld. Bei vertrauten Menschen finden Trauernde oft Verständnis und Unterstützung. Daneben gibt es auch zahlreiche Selbsthilfegruppen für Trauernde und natürlich unterstützt auch die Telefonseelsorge.
Definitiv. Wer nach einem längeren Zeitraum nicht aus seiner Trauer hinaus- und zurück in den Alltag findet, kann am Krankheitsbild der anhaltenden Trauerstörung leiden. Dann sollte man sich unbedingt professionelle Hilfe suchen.
Wer Trauernde in seinem Umfeld hat, kann diesen schon mit geringem Aufwand helfen. Auf den trauernden Menschen zugehen, ihm oder ihr zuhören oder einen gemeinsamen Spaziergang vorschlagen, kann schon viel helfen. Auf jeden Fall sollte man akzeptieren, wenn die oder der Trauende sich zeitweilig zurückzieht.