06. Oktober 2025
Pflegende Angehörige in Deutschland: Neue Studie zeigt großes Engagement, aber unzureichende staatliche Unterstützung
In Deutschland übernimmt jeder vierte Erwachsene (23%) regelmäßig die Pflege von Angehörigen – und damit etwas weniger als im europäischen Durchschnitt (28%). Auffällig ist die Haltung: Jeder sechste deutsche Pflegende (60%) gibt an, die Aufgabe gerne zu übernehmen, deutlich mehr als im europäischen Schnitt (49%). Zu diesem Ergebnis kommt eine bislang einzigartige repräsentative Befragung in sechs europäischen Ländern, die von OpinionWay im Auftrag der Korian Deutschland-Muttergesellschaft Clariane durchgeführt wurde.
Kulturelle Unterschiede in Europa
Die Studie zeigt: Pflege durch Angehörige ist kein Randphänomen, sondern betrifft in Europa fast ein Drittel der Bevölkerung. Sie ist zudem Ausdruck kultureller Unterschiede – während in Südeuropa (Italien 34%, Spanien 35%) eine stark familiär geprägte Dynamik dominiert, liegt Deutschland im Mittelfeld. Hierzulande lastet die Verantwortung jedoch überwiegend auf einer einzigen Person: acht von zehn Pflegenden (79%) übernehmen die gesamte oder den größten Teil der Betreuung, ein Drittel davon ganz ohne Unterstützung. In den Niederlanden hingegen verteilt sich die Verantwortung stärker: Pflege-aufgaben werden dort häufiger von mehreren Personen getragen, wobei neben Familienmitgliedern fast jeder vierte Pflegende (23%) Freunde und Nachbarn betreut.
Vielfältige Unterstützungsleistungen
Die Hilfe ist dabei vielfältig: drei von vier Pflegenden (73%) in Europa übernehmen praktische Aufgaben wie Einkäufe oder Fahrdienste, jeder sechste (59%) leistet psychologische Unterstützung, rund die Hälfte (54%) hilft bei administrativen Aufgaben und jeder vierte (40%) erbringt auch körperlich fordernde Pflege. Der Zeitaufwand für die Pflege liegt über die sechs Länder hinweg durchschnittlich bei 13 Stunden pro Woche (also fast zwei Stunden pro Tag). Hauptgründe für den Unterstützungsbedarf sind Alter (84%) und Krankheit (78%), während Behinderungen (53%) eine geringere Rolle spielen. Die pflegenden Angehörigen sind im europäischen Durchschnitt 47 Jahre alt, mehrheitlich erwerbstätig (71%) und leben überwiegend in städtischen Regionen (55%).
Pflege zwischen Sinnstiftung und Belastung
Gleichzeitig macht die Studie auch ambivalente Erfahrungen deutlich: Pflege ist für die Befragten in den sechs Ländern sowohl Erfüllung als auch Belastung. Jeder siebte (69%) berichtet von Auswirkungen auf die eigene Gesundheit, jeder sechste auf das Familienleben (59%) oder auf soziale Kontakte (57%). Gleichzeitig empfinden neun von zehn Befragten (90%) Stolz auf ihre Leistung und acht von zehn (82%) geben an, glücklich darüber zu sein, Angehörige zu betreuen. Diese Gegensätze – Sinnstiftung und Überlastung – prägen den Alltag pflegender Angehöriger in ganz Europa.
Sophie Boissard, CEO von Clariane, betont: „Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die wichtige Rolle der pflegenden Angehörigen in unseren alternden Gesellschaften. Hinter jeder Zahl verbirgt sich vor allem eine Geschichte der Solidarität und sehr oft der familiären Bindung. Dieses massive und oft stille Engagement erfordert eine stärkere Anerkennung ihrer Rolle sowie konkrete Unterstützungsmaßnahmen. Denn die Unterstützung pflegender Angehöriger führt auch zu einer besseren Begleitung pflegebedürftiger Menschen.“
Vertrauen in Unterstützung bleibt gering
Trotz dieser positiven Haltung ist das Vertrauen in die politische Unterstützung gering. Nur die Hälfte der Pflegenden (53%) in Deutschland sieht konkrete staatliche Maßnahmen, die den Alltag spürbar erleichtern. Europaweit ist es nicht einmal jeder Zweite (46%). Und die Zukunftsaussichten werden skeptisch bewertet: Nur vier von zehn Befragten (38%) erwarten, dass sich die Bedingungen in den kommenden Jahren verbessern.
Die OpinionWay-Umfrage im Auftrag von Clariane wurde vom 18. bis 25. August 2025 durchgeführt. Befragt wurden 13.488 Erwachsene in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien und den Niederlanden, davon 2.316 in Deutschland. Insgesamt leben in Deutschland 5,7 Millionen Menschen mit anerkannter Pflegebedürftigkeit. Davon werden 86% zuhause versorgt, überwiegend von Angehörigen.
Einen Überblick finden Sie hier: Pflegende Angehörige in Europa_Überblick
Pressekontakt
Monika Steilen
Unternehmenssprecherin,
Chief Communications Officer
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