Pflegende Angehörige sind die tragende Säule unseres Pflegesystems – und das zeigt nun auch eine neue europaweite Studie im Auftrag von Clariane. Demnach übernimmt in Deutschland fast jeder vierte Erwachsene regelmäßig die Pflege von Familienmitgliedern. Viele tun dies gerne und mit Stolz. Gleichzeitig fehlen jedoch Unterstützung und Entlastung im Alltag.
Anteil pflegender Angehöriger nach Länder
Pflege bedeutet Nähe, Verantwortung und oft Alleinlast
Einkäufe, Fahrdienste, Begleitung zu Arztterminen oder auch die psychologische Unterstützung – das alles stemmen Angehörige zusätzlich zu Beruf und Familie. Im Schnitt wenden sie dafür europaweit 13 Stunden pro Woche auf.
In Deutschland kümmern sich acht von zehn Angehörigen sogar fast allein um die gesamte Pflege, im Gegensatz zu beispielsweise den Niederlanden, wo der Pflegeaufwand eher auf mehrere Personen aufgeteilt wird.
Durchschnittliche Wochenstunden für die Unterstützung pflegebedürftiger Angehöriger
Pflege meist in der Familie
Die Pflege wird in Europa meist innerhalb der Familie übernommen: Neun von zehn pflegenden Personen kümmern sich um Angehörige – fast die Hälfte um die eigenen Eltern, nur 14% auch um die Großeltern. Hauptgründe sind dabei das hohe Alter und Krankheiten, die mit zunehmender Pflegebedürftigkeit einhergehen, was die wachsenden Herausforderungen durch die alternde Bevölkerung Europas widerspiegelt. Auch Behinderungen spielen eine Rolle und verursachen bei etwa der Hälfte der Pflegenden zusätzlichen Unterstützungsbedarf.
Zwischen Sinn und Belastung
Die Befragten beschreiben die Pflege grundsätzlich als erfüllend: Neun von Zehn Angehörigen sind stolz auf ihre Aufgabe. 84 % betrachten den Grund für ihr Engagement vor allem als ihre eigene Entscheidung, was zu höherer Zufriedenheit führt. Ein Grund, der nur von einer Minderheit (17 %) genannt wird, ist hingegen das Fehlen von alternativen Angeboten wie spezialisierte Dienstleistungen oder häusliche Hilfsmittel.
Dennoch berichten viele von gesundheitlichen Belastungen, weniger Freizeit und Konflikten im Familienleben. Die Pflege naher Angehöriger verändert oft die Beziehung und bringt Sorgen mit sich: Viele Pflegende fühlen sich manchmal überfordert, sehen ihre Angehörigen anders als früher und sorgen sich um deren Zukunft. Fast sieben von zehn fühlen sich mit der Verantwortung allein gelassen, und in rund jedem achten Fall entstehen familiäre Konflikte durch ungleiche Aufgabenverteilung.
Auf einer Skala von 1 (keine Belastung) bis 7 (starke Belastung) nennen die Pflegenden im Durchschnitt eine mittlere Belastung (3,1).
Wenig Vertrauen in staatliche Hilfe
Das macht deutlich: Pflegende Angehörige bräuchten mehr Rückhalt. Nur knapp die Hälfte der Pflegenden in Deutschland empfindet die bestehenden Unterstützungsangebote als spürbare Hilfe. Auch blicken viele skeptisch in die Zukunft: Nur 38 Prozent erwarten, dass sich die Situation in den kommenden Jahren verbessert.
Was bedeutet das für Sie als pflegende Angehörige?
- Sie sind nicht allein: Millionen Menschen in Deutschland teilen diese Erfahrung.
- Nehmen Sie vorhandene Unterstützungsangebote in Anspruch – von Entlastungsleistungen bis hin zu Pflegekursen.
- Tauschen Sie sich mit anderen aus, z. B. in Angehörigengruppen oder Beratungsstellen.
- Achten Sie auch auf Ihre eigene Gesundheit: Schon kleine Auszeiten im Alltag können helfen.
OpinionWay-Umfrage im Auftrag von Clariane
Die Pflege durch Angehörige gewinnt angesichts der alternden Bevölkerung immer mehr an Bedeutung. Clariane hat deshalb in sechs europäischen Ländern eine Umfrage unter 13.488 Erwachsenen durchgeführt, um nicht-professionell Pflegende besser zu verstehen. Dabei standen ihre Merkmale, das Ausmaß des Engagements, der Alltag, Herausforderungen, Bedürfnisse und Emotionen im Fokus. Befragt wurden Personen, die mindestens einmal pro Woche Angehörige aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung unterstützen – insgesamt 3.841 Personen.
Profil der Befragten:
Durchschnittsalter: 47,30 Jahre
Stadt: 55 % / Umland: 23 % / Land: 21 %
71 % erwerbstätig /
29 % nicht erwerbstätig
61 % leben in Partnerschaft
49 % mindestens ein Kind
50 % Frauen / 50 % Männer
Die vollständigen Studienergebnisse können Sie hier lesen.