Aufgeblüht in vertrauter Umgebung

14. Mai 2018

Aufgeblüht in vertrauter Umgebung

Hereinspaziert“, sagt Sophia Gertrud Giebels und bittet ins gemütliche Apartment. Der Fernseher läuft. „Soko Wismar“, sagt Giebels, „das ist nicht so wild wie die anderen Krimis“.

Nicht so wild – so hat sie es auch gern im richtigen Leben. Als sie ankam im Betreuten Wohnen in der Einrichtung in Eitorf ging es ihr gar nicht gut. Private Probleme in der Familie und die Einsamkeit im großen Haus hatten ihr zugesetzt, sie war nervlich schwer angeschlagen. Deshalb war es umso wichtiger, an einen Ort zu wechseln, der ihr behagte. Vor zwei Jahren fand sie ihn.

Wenn man sie heute sieht, kann man gar nicht glauben, dass es ihr mal schlecht ging. Sie plaudert aus dem Nähkästchen, lacht, macht Witze. „Ich bin hier wirklich gut angekommen und fühle mich richtig sicher aufgehoben.“
Gleich nach der Soko-Sendung und dem kleinen Plausch wird das folgen, was einen typischen Tag für sie ausmacht. Die 82-Jährige zieht einen Mantel über und wandelt hinaus, die Straße hinunter, um in eines der goldigen Cafés im kleinen Städtchen am Eibach zu gehen und Freundinnen zu treffen. Die Treffs finden wahlweise im „Goethecafé“, in der „Tortenkutsche“ oder dem „Kaffeekränzchen“ statt.

„Ich bestelle dann einen Kaffee mit ein bisschen Milch und manchmal auch ein Törtchen.“ Und wenn eine der Plauder-Kolleginnen zu viel über die körperlichen Malaisen spricht, schreitet sie ein. „Dann sag ich, jenug mit den Krankheiten, jetzt reden wir über etwas anderes. Dat bring ich.“ Die leichte niederrheinische Färbung ist jetzt zu hören.

Anschließend geht es meistens zurück in die Wohnung, mittags wird regelmäßig ein Schläfchen gemacht.

Für Sophia Gertrud Giebels ist die Einrichtung ein Segen, denn sie liegt dort, wo sie beinahe 50 Jahre ihres Lebens verbracht hat. Die Freundinnen in den Cafés sind alte Bekannte.

Das Betreute Wohnen der Einrichtung in Eitorf ist ein freundlicher Ort. Erst im November 2015 wurde es eröffnet. Das Gebäude umfasst 28 Wohnungen, teilweise mit Balkon oder Terrasse ausgestattet, und ist über einen hellen Gang mit dem Ursprungsgebäude verbunden. Dort ist die stationäre Pflege mit 80 Plätzen untergebracht.

„Das Angebot wird hervorragend angenommen, derzeit sind alle Wohnungen belegt“, sagt Einrichtungsleiterin Christina Maldaner.

Der große Vorteil des Betreuten Wohnens ist: Man hat alle Freiheiten, kann die Freizeit so gestalten, wie es einem behagt. Und die privaten Räumlichkeiten. Gertrud Giebels mag es farbenfroh, hat ihr Domizil liebevoll dekoriert. Und kochen kann sie, bevorzugt dabei „die richtig alten Sachen“: Spiegelei, Pfannkuchen oder Sauerkraut mit Püree und Kasseler.

Gleichzeitig besteht immer die Möglichkeit zum Austausch oder dazu, ein Angebot der Einrichtung wahrzunehmen – etwa das Tanzcafé oder die Gymnastikstunde.

Für Giebels genau die richtige Mischung aus Autonomie und Fürsorge. „Hier werde ich immer wieder animiert, etwas in der Gemeinschaft zu unternehmen, kann mich aber auch zurückziehen, ausruhen, oder meine Verwandtschaft empfangen. Wenn ich dazu Lust habe.“
Und von der gibt es reichlich. 5 Kinder hat sie und 9 Enkel, inzwischen ist die gebürtige Jülicherin sogar 5-fache Uroma. Neulich war sie mit einer der Töchter auf Kurzurlaub in Belgien, immer wieder besucht sie die nahe wohnenden Nachkommen.
Das Leben war nicht immer leicht, oft anstrengend und mit vielen Umzügen verbunden. Ihr Mann war Offset-Drucker und so kam es, dass sie vom Niederrhein nach Holland, in die Schweiz und wieder zurück nach Viersen zog. Später dann nach Eitorf.

Umso schöner, dass sie im vertrauten und betreuten Umfeld wieder zu Kräften und Lebenslust kam.

Gertrud Giebels hofft, die Mischung aus Müßiggang („Ich bin gern allein“) und sozialem Miteinander noch möglichst lange pflegen zu können. Und darauf, dass es noch lange „Bares für Rares“ zu sehen gibt. Wenngleich die Sendung zwiespältige Gefühle in ihr weckt: „Ich mag das eigentlich sehr gern, aber ich kann manchmal gar nicht glauben, was die Leute alles weggeben“.

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Korian - Clariane