19. Mai 2023
Als am Nachmittag des 20. März das Telefon klingelte, änderte sich für Gisela Hermes und ihr 50-köpfiges Team im Zentrum für Betreuung und Pflege Phönix in Köln-Weidenpesch von der einen auf die andere Sekunde alles. Am anderen Ende der Leitung teilte ihr das zuständige Gesundheitsamt mit, dass einer ihrer 80 Bewohner, der sich gerade im Krankenhaus befand, positiv auf Covid-19 getestet wurde.
Hermes weiß noch ganz genau, wie sie sich in diesem Moment fühlte. „Im ersten Moment war ich wie paralysiert. Zwar hatte ich immer mit der Möglichkeit gerechnet, dass es zu dieser Situation kommen kann. Aber als es dann soweit war, hat es mich doch sehr getroffen“, erinnert sie sich. Nachdem sie aufgelegt hatte, lief die Maschinerie an. Kontaktpersonennachverfolgung: alle Personen, die mit dem Bewohner in Kontakt standen, wurden ermittelt. Gemeinsam mit dem Gesundheitsamt wurden weitere Tests durchgeführt. Am Ende zeigte sich: acht Bewohner und vier Mitarbeiter eines Wohnbereichs waren mit Covid-19 infiziert.
Der Wohnbereich wurde unter Quarantäne gestellt. Es herrschten strengste Hygiene- und Schutzvorschriften. Der Austausch mit dem Gesundheitsamt, den Behörden und Ärzten war sehr intensiv. Die Einrichtung befand sich im Ausnahmezustand. Mitarbeiter fielen krankheitsbedingt aus und es galt bei den Kollegen Unsicherheiten und Ängste abzubauen.
„Gerade zu Beginn waren die Pflegedienstleitung und ich mehrmals täglich und auch abends auf den Wohnbereichen unterwegs, um mit den Mitarbeitern zu sprechen. Wir hatten immer ein offenes Ohr für ihre Fragen, Sorgen und Ängste“, so Gisela Hermes.
Halt und Sicherheit habe das KORIAN-Netzwerk geboten. Die täglich aktuellen Informationen über das Corona-Virus und die häufigen Gespräche mit den Regionalleitungen gaben den nötigen Rückhalt. „Unsere Mitarbeiter wurden im Umgang mit dem Virus geschult. Zudem hatten wir immer genügend Schutzausrüstung zur Verfügung“, erzählt Hermes.
Auch in Werder schlug das Virus zu
Dass das Virus unverhofft und heftig zuschlagen kann, musste auch Jo-hanna Horn erfahren. Horn studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitsmanagement. Als sie im November letzten Jahres die Leitung des Hauses am Zernsee übernahm, konnte sie noch nicht ahnen, vor welche Herausforderungen sie ein paar Monate später gestellt werden würde.
Auch sie erinnert sich noch genau an den Tag, an dem sie erfuhr, dass das Corona-Virus auch in ihrer Einrichtung Einzug hielt. „Ich war schon zu Hause, als eine Mitarbeiterin anrief und mir mitteilte, dass ein Bewohner im Krankenhaus positiv auf Covid-19 getestet wurde. Ich hatte großen Respekt vor den Herausforderungen, die diese Nachricht mit sich bringen würde“, so Horn. Und sie sollte Recht behalten.
Die Testergebnisse aller Mitarbeiter und Bewohner waren schockierend: Fünfzehn der 82 Bewohner waren Covid-19-positiv, ebenso sechs Mitarbeiter. Es folgte eine Zeit der Quarantäne. Horn und ihr Team agierten in den nächsten Tagen und Wochen unter höchsten Schutz- und Hygienebedingungen und stets in enger Absprache mit den Behörden. Auch sie mussten den Ausfall von Mitarbeitern kompensieren. Es war nicht einfach.
Das mediale Interesse war riesig
Auch das Interesse der Presse an den Geschehnissen im Haus am Zernsee war groß. „Plötzlich stand ein Fernsehteam vor der Einrichtung und wollte ein Interview“, erinnert sich Horn. „Für mich war es wichtig transparent zu sein. Deshalb habe ich zugesagt.“ Bei der Ausstrahlung wurden nur die Passagen des Interviews gezeigt, in denen sie unsicher wirkte. „Das war mir eine Lehre. Künftig bin ich da vorsichtiger. Im weiteren Verlauf hat mich die Kommunikationsabteilung sehr bei der Beantwortung der täglichen Medienanfragen unterstützt.“
Angehörige litten unter Besuchsverbot
Diese Zeit habe sie auch gelehrt, dass der Ausnahmezustand nicht nur für die Bewohner und Mitarbeiter der Einrichtung galt. Besonders die Angehörigen litten unter dem Besuchsverbot und dem dadurch eingeschränkten Kontakt zu ihren Lieben. „Wir haben die Angehörigen regelmäßig über die Geschehnisse in der Einrichtung informiert und waren auch für spezielle Nachfragen stets zu erreichen. Dennoch mussten wir feststellen, dass dies nicht immer ausreichte“, resümiert Horn. Die Einrichtung und auch das Unternehmen nahmen die Sorgen sehr ernst. Deshalb kam auch Christian Gharieb als COO von KORIAN Deutschland in die Havelstadt, um mit den Angehörigen zu sprechen. Er nahm sich für die Beantwortung der Fragen Zeit und sicherte zu, ein Konzept zur Besuchsregelung vorzulegen, damit Besuche unter Berücksichtigung der nötigen Abstands-, Schutz- und Hygienevorschriften bald wieder möglich sein würden.
Wir sind näher zusammengerückt
Sowohl für die erfahrene Gisela Hermes als auch für Johanna Horn war es besonders schwer, niemanden fragen zu können, der Erfahrung mit dem Virus hatte. „Das Virus und die Situation waren für uns alle neu. Auch für die Behörden. Wir alle haben jeden Tag dazugelernt“, so Hermes. Horn nickt. „Auch die Schwestereinrichtungen haben uns unterstützt und Mitarbeiter zu Hilfe geschickt. Dafür sind wir sehr dankbar. In dieser Zeit des Abstandes sind wir alle näher zusammengerückt“, ergänzt sie.
In beiden Einrichtungen verloren aber auch Bewohner den Kampf gegen die Krankheit. „Wir sind unendlich traurig und fühlen mit den Angehörigen“, so Horn.
Mit Blick auf die Zukunft sind sich beide Frauen einig: „Wir alle haben dazugelernt und eigene Erfahrungswerte gesammelt, die wir in unserem KORIAN-Netzwerk teilen. Auf eine mögliche zweite Welle sind wir vorbereitet. Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür kämpfen, dass sie uns nicht überrollt.“